Ruben Ung
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Damaris Buchenhorner

Frau Verwaltungsrätin, warum schenken Sie Ihrem Dorf Mineralwasser?

Eptingen heißt ein kleines Schweizer Dorf mit einem großen Mineralwasser. Dorf und Mineralquelle sind so verbunden, dass die Einwohner gratis Mineralwasser erhalten. Dafür, dass dies so bleibt, sorgt das Ehepaar Buchenhorner in vierter Generation – verspricht Verwaltungsratspräsidentin Damaris Buchenhorner.

Stephan Lehmann-Maldonado
Stephan Lehmann-Maldonado
10 min

Frau Buchenhorner, worauf haben Sie mit Ihrem Ehemann zusammen zuletzt angestoßen?

Letzten Sonntag haben wir Verwandte besucht und auf diesen schönen Tag angestoßen. Einfach darauf, dass es uns so gut geht.

Gibt es auch beruflich Grund zum Feiern?

Ja, unsere neu designte Glasflasche für das Eptinger-Mineralwasser für die Gastronomie kommt sehr gut an.

Sie predigen Wasser, trinken aber auch Wein?

(Lacht) Ganz ehrlich, wir trinken hauptsächlich Eptinger. Momentan kann ich nicht genug davon bekommen, denn es enthält viel Magnesium und Kalzium und überhaupt keine Schadstoffe. Das ist für mich gerade besonders wichtig, weil ich schwanger bin. Wenn wir vom Wein sprechen: Ich trinke eigentlich lieber Bier, schließlich enthält das auch viel Wasser.

Könnte man Bier mit Eptinger brauen?

Im Prinzip schon. Was tatsächlich ausgezeichnet schmeckt, ist ein Mix aus Bier und unserem Softdrink Pepita, der einen hohen Anteil an Grapefruitsaft beinhaltet. Das Getränk ist weniger süß als ein herkömmliches Radler respektive Panaché.

Über Geschmack lässt sich bekanntlich streiten. Schmecken Sie den Unterschied zwischen Ihren eigenen Mineralwässern wie Eptinger und Cristallo und anderen Wassern?

Ja, das ist eine Gewohnheitssache. Was man regelmäßig gerne trinkt, erkennt man auch wieder. Ich bin auf unser Wasser sensibilisiert. Auf unserer Hochzeit mussten mein Mann und ich prompt einen Wassertest machen. Zum Glück habe ich das Eptinger identifizieren können! Jedes Wasser hat eine andere Herkunft und ist anders zusammengesetzt, was seinen Geschmack prägt.

Sie haben viel ins neue Flaschendesign gesteckt. Trinkt das Auge denn mit?

Auf jeden Fall. Die Flasche muss den Inhalt repräsentieren. Die Leute schauen immer mehr aufs Äußere eines Produktes. Ein hochwertiges Produkt erfordert ein edles Design. Für uns war die Veränderung ein mutiger Schritt. Jahrzehntelang haben wir denselben Schriftzug für unsere Flaschen benutzt. Jetzt haben wir noch das Logo gewechselt. Das war aber nötig, um die Menschen von heute richtig anzusprechen.

Stammte der alte Schriftzug nicht vom bekannten Künstler und Grafiker Herbert Leupin?

Nein, unser Schriftzug war noch älter, wobei wir ihn von Zeit zu Zeit sanft aufgefrischt haben. Eptinger ist ja schon 120 Jahre alt. Herbert Leupin hat 1947 für uns ein erstes Plakat gemalt.

Ich habe unser Wasser beim Test an der Hochzeit sofort erkannt.

Wenn man die alten Plakate auf der Website anschaut, fällt der Humor darin auf.

Sie waren für die jeweilige Zeit sehr modern. Die Ideen einiger Slogans wie »Eptinger löscht« oder »für den längsten Durst« waren einfach, aber witzig umgesetzt. Herbert Leupin – ein Freund des Großvaters meines Mannes – war ein Glücksfall für uns. Im Restaurant teilte er mit, er wolle gerne Grafiker werden und erkundigte sich, ob er Plakate für uns kreieren dürfe. Damit begann eine langjährige Erfolgsgeschichte. Leupins erstes Plakat zeigte eine Kirschenblüte. Und auf der allerersten Etikette waren Blüten drauf. Auch jetzt zeigen wir wieder diese Baselbieter Kirschblüte, um an unsere Herkunft zu erinnern.

Vor 120 Jahren haben die Vorfahren Ihres Mannes das damalige Badhotel mit der Eptingen-Quelle erworben. Wie hat es sich für Sie als junge Frau angefühlt, in ein ehrwürdiges, geschichts-trächtiges Familienunternehmen einzuheiraten?

Mein Mann ist Geschäftsführer in der vierten Generation, ich bin fürs Marketing verantwortlich und Verwaltungsratspräsidentin. Das stellt ein Privileg dar, bringt aber auch eine Riesenverantwortung mit sich. Wir wollen der Firma Sorge tragen, dafür geben wir unser Bestes. Das Unternehmen gehört uns nicht, sondern ist uns anvertraut. Wir wollen es weiterbringen und wieder weitergeben. Das liegt in der Natur eines gesunden Familienbetriebs. 

Wenn jetzt Coca-Cola käme und sagte, wir wollen Eptinger kaufen – würden Sie das Angebot ausschlagen?

Das kann ich so nicht sagen. Denn als verantwortliche Geschäftsleute müssten wir jedes Angebot sorgfältig unter verschiedenen Gesichtspunkten prüfen.

Ein Regentropfen braucht 25 Jahre, bis er in unserer Quelle ankommt.

Als die Firma startete, gab es noch kein fließendes Wasser im Haushalt. Unsere Beziehung zum Wasser hat sich heute völlig verändert!

Stimmt. Viele Leute kennen den Unterschied zwischen Leitungswasser und Mineralwasser nicht. In Deutschland ist man da präziser als in der Schweiz. Man unterscheidet zwischen Heilwasser, Mineralwasser und Tafelwasser beziehungsweise Leitungswasser. Mineralwasser muss man so verkaufen, wie es aus dem Berg sprudelt. Wir fassen es in einer Tiefe von 417 Metern im Boden. Damit haben wir eine der tiefsten Quellen Europas. Das Wasser reinigt sich durch die Natur und nimmt die Mineralien an, die aus den Gesteinen herausgewaschen werden. Ein Regentropfen durchläuft einen 25-jährigen Prozess, bis er hundert Prozent rein in unserer Quelle ankommt. Bei Leitungswasser ist der Kreislauf viel kürzer. Man bereitet es in bis zu fünfzig verschiedenen Behandlungsmöglichkeiten auf. Danach bleiben oft kaum mehr Mineralien übrig. Ich denke, bald muss sich unsere Gesellschaft damit beschäftigen, wie sauber unser Trinkwasser noch ist. Pestizide, Medikamente und Hormone verunreinigen unsere Gewässer. Beim Mineralwasser ist das noch kein Thema, weil es aus der Tiefe kommt. Wer gesund leben will, sollte darauf achten, was im Wasser steckt.

Häufig gibt es Diskussionen, ob man mit Wasser überhaupt ein Geschäft machen darf. Vor allem Nestlé wurde da angeprangert. Haben Sie sich auch mit dieser Frage befasst?

Sicher! Nestlé stand in der Kritik, weil die Firma das Grundwasser in Entwicklungsländern anzapfte. Das barg das Risiko, dass sich der Grundwasserspiegel senkt. Als Konsequenz käme die Bevölkerung nicht mehr an das Grundwasser. Aber bei der Sache ging es um Trinkwasser, nicht um Mineralwasser! Wir wehren uns gegen solche Praktiken. Und in der Schweiz ist das auch gesetzlich streng geregelt. Wir erhalten vom Kanton eine Konzession, die 25 Jahre lang gültig ist. Diese gibt uns das Recht, definierte Mengen an Mineralwasser aus dem Boden zu holen. Wir dürfen die Quelle nicht ausbeuten. Als Familienunternehmen ist es in unserem Interesse, nachhaltig zu handeln. Wir wollen, dass der nächsten und übernächsten Generation noch genug Wasser zur Verfügung steht. Zugleich muss man wissen, dass wir die Quelle auch pflegen und instand halten. Wir haben mit dem Bund eine Vereinbarung, dass wir im Notfall Wasser liefern können.

Die Bewohner des Dorfes Eptingen erhalten das heimische Mineralwasser bis heute gratis. Das ist ungewöhnlich für einen gewinnorientierten Betrieb!

Das ist eine fast hundertjährige Tradition. Im Ersten Weltkrieg waren die Soldaten in Eptingen stationiert und erhielten alle kostenlos Eptinger. Seither bekommt jeder, der in Eptingen wohnt, unser Mineralwasser gratis. Das soll auch so bleiben. Immer am Mittwochnachmittag kommen die Eptinger, fast eine Art Dorftreffen. Wir kennen die meisten Leute. Ab und zu beschenken uns die Bauern mit Kirschen oder Erdbeeren. So ist ein freundschaftliches Verhältnis entstanden.

Die Mineralquelle Eptingen musste zwischendurch Rückschläge hinnehmen. 1969 hat ein Bergsturz die Produktionsanlage verschüttet, 2012 hat der Schweizer Detailhändler Coop Sie aus dem Sortiment gestrichen. Wie gehen Sie damit um?

Das sind zwei ganz unterschiedliche Fälle. 1969 war wirklich alles kaputt, wie mein Schwiegervater erzählt hat. Doch Aufgeben sei keine Option gewesen. Stattdessen entschied sich sein Vater für einen neuen Standort mit neuer Abfüllanlage. Es gehört zum Unternehmertum, dass man mit guten und schlechten Zeiten umgehen kann und nicht gleich aufgibt. Man steht gegenüber den Angestellten in der Verantwortung. Bei Coop sind wir nicht aus dem Sortiment gefallen, sondern das Unternehmen hatte beschlossen, seine Produktlinie »Prix Garantie« fortan selbst zu produzieren. Diese hatte bei uns vierzig Prozent des Umsatzes vom Abfüllstandort Lostorf ausgemacht. Da mussten wir leider auch eine Schicht entlassen und umstrukturieren. Es war schmerzhaft, aber nötig für das Überleben unserer Firma.

Haben Sie diesen Umsatzeinbruch wettgemacht?

Zu großen Teilen zumindest. Einen zweiten Auftrag in dieser Größenordnung findet man in der Schweiz nicht. Doch wir haben mehrere andere Aufträge. Insgesamt sind wir heute besser diversifiziert und haben weniger Klumpenrisiken.

Sie sind als Pastorentochter aufgewachsen. Inwiefern hat Sie das beeinflusst?

Sehr stark. Der Glaube an Gott ist mir sehr wichtig. Als Kind besuchte ich jeden Sonntag die Kirche und dachte mir immer, dass ich das, was mein Vater da vorne so erzählte, eigentlich auch gerne mal machen würde. Die reformierte Kirche in Sissach erfuhr das aus einem Interview und fragte mich letztes Jahr für eine Predigt für den Bettag im Dorfkern auf dem Dorfplatz an. Wichtig war mir natürlich der Bezug zum Wasser. Gerade in der Schweiz gehen wir immer davon aus, dass wir genügend Wasser haben. Ich habe dann gefragt: Glauben Sie, dass es in Basel im Rhein immer Wasser gibt? Vor ungefähr 480 Jahren konnte man trockenen Fußes über den Fluss gehen!

Es gab damals eine Wärmeperiode …

Das ist so überliefert, ja. Trotz des Wassermangels konnte man zweimal im Jahr Kirschen ernten, weil es so lange warm war. Aber was ich eigentlich sagen wollte: Wir jammern gerade in unseren Breitengraden oft wegen des Wetters. Dabei haben wir viel Grund, dankbar zu sein. Glücklich sein kann nur, wer dankbar ist. Das ist so etwas wie ein Erfolgsschlüssel. Außerdem habe ich von zu Hause aus ein Grundvertrauen in Gott mitbekommen: das Vertrauen darin, dass am Schluss die Dinge so kommen, wie es sein soll. Das gibt mir Ruhe. Auch wenn es im Alltag drunter und drüber geht, weiß ich, dass Gott da ist. Er kennt uns und kümmert sich um uns.

Außerdem hat Jesus ja einiges über Wasser gesagt.

Es gibt über sechzig Verse in der Bibel, in denen Wasser vorkommt. Da finden sich sehr viele Themen, die relevant sind für unser Leben. Und ich lese sie natürlich mit einem anderen Auge.

Teilen Sie Ihren Glauben mit Ihrem Mann?

Meinem Mann sind die christlichen Werte sehr wichtig. Da haben wir eine gemeinsame Basis. Aber ich habe manches im Glauben wohl intensiver erlebt, weil ich damit aufgewachsen bin.

Aufgeben war für uns keine Option. Es gehört zum Unternehmertum, dass man mit guten und schlechten Zeiten umgehen kann.

Sie und Ihr Mann sind privat und beruflich ein Team. Wie teilen Sie sich Ihre Rollen?

Es ist klar, dass man das Berufliche mit nach Hause nimmt, wenn man zusammen ein Familienunternehmen führt. Das zu trennen, wäre unnatürlich. Ich stelle mir vor, dass es bei uns ähnlich ist, wie es früher war: Auf Höfen haben Männer und Frauen auch zusammengearbeitet, viel intensiver, als es heute der Fall ist. Erst in unserer Zeit hat sich die Idee durchgesetzt, dass man trennen muss, zwischen dem, was zwei Ehepartner machen. Mein Mann und ich teilen einfach alles – was nicht immer einfach ist.

Als Sie sich kennengelernt haben, haben Sie wahrscheinlich nicht gedacht, dass Sie einmal zusammenarbeiten würden.

Wir haben beide in unterschiedlichen Funktionen für die Schweizer Großbank UBS gearbeitet und uns dort kennengelernt. Darüber, was später kommen könnte, habe ich mir keine Gedanken gemacht. Aber es schweißt einen auch zusammen, wenn man zusammenarbeitet. Man versteht die Probleme des anderen viel besser, ist mit denselben Themen vertraut. Das gegenseitige Verständnis und die Wertschätzung füreinander können wachsen.

Auf Höfen haben Frauen und Männer früher intensiv zusammengearbeit. So ähnlich machen wir es heute.

Sie kommen sich aber schon mal gegenseitig in die Quere?

Wir wären keine Menschen, wenn das nicht geschehen würde. Aber wir können das sehr gut ausdiskutieren und trennen emotional, ob es ums Geschäft oder ums Private geht.

Und was machen Sie, um auch einmal abschalten zu können?

Momentan bauen wir gerade ein Haus in einem kleinen Dorf - etwa zehn Minuten von unserem Arbeitsplatz entfernt. Das hilft, um Abstand zu gewinnen. Und die Natur liegt nahe: Wir haben einen Hund, mit dem wir spazieren gehen. So lüften wir unseren Kopf regelmäßig. Außerdem unternehmen wir am Wochenende gerne Ausflüge und mieten manchmal ein Boot. Vor allem im Sommer, wenn das Wasser in den Seen warm ist.

Damaris Buchenhorner

Damaris Buchenhorner

Als Kind wuchs Damaris Buchenhorner (34) mit Leitungswasser auf. Dass sie einmal ein entscheidendes Wort bei Eptinger und Pepita mitsprechen würde, hätte sie sich nicht im Traum vorstellen können. Buchenhorner hat an der Universität Basel einen Master of Advanced Studies in Marketing Management und Betriebswirtschaft erlangt. Seit 2010 arbeitet sie für die Mineralquelle Eptinger. Aktuell ist sie Leiterin Marketing und Kommunikation, Mitglied der Geschäftsleitung und Präsidentin des Verwaltungsrates. Ihr Ehemann Matthias Buchenhorner ist Geschäftsführer von Eptinger.